Begegnung 15

Mit der Zeit wollte Deniz nicht gerne mit Yu ausgehen, auch wenn er sie aufforderte, weil sie mit Yu zusammen nicht von jemanden gesehen werden wollte. Sie sagte, dass sie ihrer Tante von Yu erzählte. Die jüngere Tante antwortete, ohne ihre Miene zu verziehen, es sei nicht überraschend, weil sie in Deutschland wohnte. Das beruhigte Yu, weil er erkannte, dass nicht alle Verwandten von ihr konservativ sein konnte. Andererseits fühlte Yu immer noch eine ihm unbekannte Welt, in der sie wohnte. Er wusste nicht, wie er zwischen den beiden Welten angemessen hin und her kommunizieren konnte. Wäre es ihm möglich, in ihre Welt hineinzugehen? Er hatte bisher nie an eine Welt gedacht, die in Geschichte und Religion ganz anders war. Jedoch sollte es nicht unmöglich sein, Wenn er Deniz verstehen könnte, könnte er auch ihre Familienmitglieder verstehen. Ihr Vater oder ihre Tante schienen mehr offen als Yu voraussaß. Jedoch war er nicht sicher.

Er dachte auch, wenn sie mit ihm nach Japan fahren sollte, ob sie in einer Welt, die sie nie vorher kannte, überleben würde. Würde das Leben sie in einem völlig neuen Milieu glücklich machen? Sie war gerade von ihrer Heimat in ein fremdes Land herübergekommen und im Begriff, hier in Deutschland Fuß zu fassen. Hier sollte ihr Lebensort sowohl jetzt und in der Zukunft sein. Es wäre klar, dass sie in Japan völlig isoliert würde. Wenn Yu ernsthaft an ihre Zukunft denken sollte, gäbe es keine andere Wahl als, hier zu bleiben. Dann, kehrte sein Gedanke immer wieder darauf zurück, wo er anfing: Was könnte er hier machen?    

Yu erinnerte sich an die Novelle von Mori Ogai „Ballettmädchen“. Der Protagonist und Medizinstudent Rintaro Ohta wurde wegen seiner Verhältnisse mit einer Tänzerin getadelt und seine Stelle und Einkommen wurden ihm entzogen. In dieser harten Situation musste er sich bloß als Korrespondent seinen Lebensunterhalt verdienen, um mit Elis in Berlin weiter zusammenzuleben. Damals am Ende des 19. Jahrhunderts durften nur wenige Eliten aus Staatskosten im Ausland studieren und nach dem Zurückkehren nach Japan wurde hohes Amt wurde ihnen gesichert. Wollte der Autor dieser Novelle durch den Protagonisten, der sich in einem extremen Dilemma befand, die drauflosstürmende Macht der reinen Liebe zeigen, die selbst hohe soziale Ehre dafür opfert? Jedoch konnte er für ihre Zukunft keine Hoffnung finden. Endlich wurde sein kleines Glück, mit einem namenlosen Mädchen bescheiden zu leben, durch seine Ambition, dem Staat zu dienen, verschluckt.      

  Jedoch geht es in dieser Geschichte nicht darum, entweder persönliche Liebe oder Dienstleistung für den Staat zu wählen. Die Gesellschaft steht meistens dem Individuum gegenüber und ruft Reibung mit reinem Gefühl hervor. Selbst in der modernen Zeit, in der es viel mehr Alternativen als Meiji-Zeit gibt, kann man nicht so frei verhalten, weil man von mancherlei Voreingenommenheit, die man bis dahin bewusst oder unbewusst gelernt hatte, gefesselt ist. Das verwaltet uns wie ein natürliches Weltprinzip und wir können es oft kaum merken. Wenn jedoch etwas Ungewöhnliches geschieht, könnte es sein, dass bisheriger Denkrahmen versagt und man vielleicht seine Grenze merkt. So was kommt immer von außen her, und zwar plötzlich und unvermeidlich, was unsres Leben ruinieren könnte.       

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