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Das ist eine gute Gelegenheit für ihn, dachte Yu, Reisen in Europa zu machen, da er nun in Europa lebt, so entschied er eine Winterreise mit seiner Frau nach Prag zu unternehmen. In einem Reisebüro auf dem Campus der Universität fand er eine preiswerte Bustour für Studierende. Yu, Germanistik-Student, kannte den Namen Prag aus Kafkas Werken, hatte aber keine Ahnung, wo die Stadt liegt. Am Reisetag war der Bus voll, vor allem mit älteren Leuten, abgesehen von Yu und sseiner Frau. Der Bus fuhr früh am Morgen ab und machte alle ein bis zwei Stunden lange Pausen, und wegen des starken Verkehrs dauerte es fast 15 Stunden, bis der Bus endlich im Zentrum von Prag ankamen. Yu wusste auch nicht viel, , wie Osteuropa wirklich aussah, obwohl er durch Medien von den Spannungen zwischen Ost und West erfahren hatte, aber die riesige Prager Burg, die Yu vom Bus aus zu sehen bekam, stand majestätisch auf einem hohen Platz in der Stadt. Sie war beleuchtet und leuchtete herum hell. Yu und seine Frau kamen im Hotel an, luden ihr Gepäck aus und spazierten eine Weile durch die abgedunkelte Stadt. Die rot gedeckten Gebäude Prags, das einst Böhmen hieß und die Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches war, ließen nichts von der tragischen Geschichte der Invasion und Besetzung der Stadt durch Deutschland und andere Nachbarländer erahnen und schienen einen kulturellen Stolz bewahrt zu haben, der durch die wunderschöne Karlsuniversität, die erste Universität Mitteleuropas, symbolisiert war.

Yu und seine Frau bestellten im Restaurant einen Salat und ein Fleischgericht. Der Salat war nicht roh, sondern in Essig eingelegt. Nach dem Essen musste Yu auf die Toilette laufen. Offenbar war frisches Gemüse im landwirtschaftlichen Verteilungssystem des kommunistischen Blocks nicht verfügbar. Am nächsten Morgen besuchten sie mit dem Bus einige Sehenswürdigkeiten und kauften Lederwaren oder Puppen in einer Einkaufsstraße mit Souvenirläden. Von der Hauptstraße aus gelangten sie in eine schwach beleuchtete Gasse mit alten, rotbraunen, teilweise bröckelnden Backsteingebäuden, in der eine hoch an der Wand hängende Lampe mit einem Schirm aus Glas und schwarzem eisenem Rahmen ein dunkles Licht warf, das nicht unten bis zur Straße reichte. Die Lampe schien Hunderten von Jahren lang immer noch nach einem Gesprächspartner zu suchen. Der Ort riecht noch immer nach Geschichte, als würden plötzlich mittelalterliche Ritter oder Handwerker in alten Kostümen auftauchen.

Es war eine kurze Busreise von drei Tagen und zwei Nächten und der Aufenthalt war im Nu vorbei und Yu und seine Frau saßen wieder auf den engen Bussitzen. Schließlich hatte Yu das Gefühl, dass er sich ein vages Bild der Geschichte, die er vor langer Zeit gelesen hatte, nämlich Kafkas Schloss, einigermaßen konkret vorstellen konnte. In Wirklichkeit ist das Schloss ein normales, riesiges Schloss. Es handelt sich nicht um ein mysteriöses Gebäude, das, je näher man ihm kommt, desto weiter man sich entfernt. Aber wenn man sich davon entfernt und das Schloss auf der anderen Seite der Moldau betrachtet, scheint es über der Stadt in der Luft zu schweben, und es schien möglich zu sein, dass der Weg dorthin tatsächlich versiegelt wäre.

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