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Diese am Ende der 60er Jahren gegründete Universität galt als eine von den experimentellen und versuchte,  verschiedene neue Arten von Unterrichten durchzuführen. Die grundlegende Form des Unterrichtes  war ein Seminar, was heutzutage Selbstverständlichkeit ist, während Vorlesungen eher eine sekundäre Rolle spielte. Seminaren dauerten 90 oder 120 Minuten und manche von ihnen wurden bis gegen 8 Uhr abends abgehalten. Die Aufgabe der Studenten und Studentinnen bei einem Seminar bestand darin, eines von mehreren Themen auszuwählen, die vom Professor vorgeschlagen wurden, mehrere Materialien darüber zu lesen, darauf bezogen einen Referat vor anderen Klassenteilnehmern zu halten. Man hielt etwa 60 Minuten eine Präsentation und beantwortete danach Fragen von anderen Teilnehmern. Schließlich äußerten sich der zuständige Dozent abschließend. Ganz am Ende des Semesters  schrieb man eine etwa 20-seitige Hausarbeit und bekam einen Schein. Yu nahm in “Literatur des 19. Jahrhunderts”, “Theorie des Strukturalismus, “moderne Politik”, “Einführung in die Soziologie” und “klassische Rhetorik” usw. teil. Einige Klassen wurden im Dialog zwischen mehreren Fakultätsmitgliedern gehalten. Studenten und Studentinnen bekamen keinen Schein von den Vorlesungen, dessen Teilnahme nur im Interesse der Studenten abgelegt war.

Am Kolloquium, Seminar für Doktoranden, stellte man eigenen jeweiligen Forschungszustand vor, wobei man von anderen Teilnehmern wie Doktoranden oder Professoren von anderen Forschungsgebieten wie Soziologie oder Philosophie Ratschläge oder kritische Kommentaren erhielt.  Damals waren Geschichtswissenschaft, Literatur oder die Frankfurter Schule an der Uni vorherrschend. Yus Betreuer war Literaturwissenschaftler und ehemaliger Dekan von der Fakultät für Literatur und Linguistik. Er schrieb mehrere Bücher über Romantheorie und Geschichte der Rhetorik, die Yu mit großem Interesse las. Rhetorik, die einst Königin der freien Künste genannt war, jedoch seit 19. Jahrhundert in Vergessenheit geriet,  wurde wieder mehr und mehr ins Rampenlicht gerückt. Yu interessierte sich an der Kunst des Redens in Europa, weil er dachte, dass sie das entscheidende kulturelle Merkmal zwischen Europa und Japan.

Der Professor lud manchmal seine Studenten und Studentinnen zum Abendessen ein. Dabei erwartete Yu deutsche Spezialitäten, jedoch gab es sogenannte kalte Platte wie Würste, Schinken und Brot, was ihn ein bisschen enttäuschte. Jedoch lernte er erst deutsche Essgewohnheit kennen. Während in Japan ein Gespräch zwischen Professor und Studenten und Studentinnen oft lebensphilosophisch oder therapeutisch lief, diskutierten deutsche Studenten und Studentinnen durchaus akademisch.

Yu hatte einen langjährigen Freund aus Japan, Sato. Er war ein  kindergesichtiger, jedoch belesener Forscher-Typ. Er wohnte in einem anderen Studentenwohnheim, zu dem man neben einem Teich vorbeiging, in dessen Mitte es eine kleine runde Erhebung gab, wo viele tiefgrüne und -braune Enten rastend zu beobachten waren. Auf dem Weg sah man auch ein großes Bauernhaus, in dem sich mehrere Geschäfte wie Bank, Postamt oder Kebab-Restaurant befanden. Sato wohnte auf der 5. Etage. Auf der Heizung in seinem kleinen Zimmer häuften sich Wäsche vielschichtig an und gewaschene Teller waren auf der kleinen Küche. Sato reagierte immer schlagartig mit interessanten Bemerkungen, jedoch zeigte sein Gefühl kaum. Er sah ihn nie geärgert. Yu wunderte sich, wie man so immer gelassen bleiben konnte. Aus dem Fenster seines Zimmers, wo kaum ein menschlicher Hauch zu fühlen war, sah man einen kalten deutschen Himmel und winterliche kahle Bäume.

Sato half einem japanischen Fußballspieler als Dolmetscher. Neben Okudera war Ozaki der zweiter japanischer Fussballspieler, der für eine deutsche Fußballmannschaft erfolgreich spielte. Er sah gutaussehend wie japanischer Kabuki-Schauspieler und  kam zum Stadium mit einem Sportwagen, der ihm von seinem Sponsor-Unternehmen angeboten wurde, dann wurde er sofort von vielen Anhängern umgegeben. Yu wurde auch von ihm, anderen japanischen Fußballspielern von einer lokalen Fußballmannschaft oder einem Trainer manchmal zum Essen eingeladen und plauderte mit ihnen. Die Japaner fühlten befremdet, wenn die Deutschen sagten, dass man nicht zu viel trainieren sollte, besonders vor Spiel, weil Japaner von Sportlern immer erwartete, so viel wie möglich zu trainieren, um mentale Stärke zu intensivieren.

In diesem Fortgang der Sache pflegte Yu und Sato oft zum Fußballspiel zu gehen. Die Bewohner der Stadt, deren Namen die Mannshaft trug, sahen jedes Spiel so enthusiastisch, besonders wenn Ozaki dabei war, an, so dass die beiden oft von der Atmosphäre überwältigt fühlten. Damals erreichte Japan den ökonomischen Höhepunkt und man sprach überall von “Kaizen” oder Wirtschaftswunder von Japan. Ozaki war gerade ein Symbol des erfolgreichen Aufstiegs vom fernöstlichen Reich.         

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