Anfang 11
Die Leute, mit denen Yu meist verkehrte, waren Ausländer wie Wei oder Xianguo. Yu kannte mehrere nette Deutsche kennen, jedoch fühlte er damals eine Art Distanz von ihnen, weil sie ihm aufgrund ihrer Sprachfähigkeit und reichlichen Kenntnisse über die Gesellschaft auf einer anderen sicheren Basis als Ausländer gestanden zu haben schienen, während die Ausländer meistens nur als ein vorübergehendes Sein für die Einheimischen galten. Für die meisten Einheimischen wären die Ausländer oft Abweichung von der Normalität, die vielleicht unerwartete Ereignisse mit sich bringen könnten.
Wie meiste andere Chinesische Studenten von damals, jobbten Wei oder Xianguo bei einem China-Restaurant. Weil sie mit dem Umgang mit Leuten sehr tüchtig waren, konnten sie viel Trinkgeld kassieren. Sie schienen keine Qualifikation in ihrem Studium erwerben wie Yu und in Deutschland so lange bleiben zu wollen, wie ihre finanzielle Lage erlaubte. Yu wunderte, wie sich Xianguo nun als Kellner hier fühlte, weil er eine Art von Elite in der chinesischen Gesellschaft gewesen war. Aber er schien sich darum gar nicht zu kümmern.
Manchmal trafen sie sich früh morgens auf einer mit Tautropfen nassen Wiese. Wei machte eine Art von Leibesübung, wie Yu in Japan kannte, und versuchte, seine Freunde noch Kun-Fu dadurch beizubringen, dass er zeigte, wie man den Fuß gen Himmel strecken sollte. Vor Schrecken vor Wei’s physikalischen Fähigkeit wagten die beiden gar nichts nachzuahmen, was er ihnen vormachte. Xianguo schien sowieso Sport nicht so zu mögen.
Nach und nach sah Yu Xianguo selten. Er sah ihn oft zusammen mit einigen Deutschen. Eines Tages sah Yu Xianguo mit Krücken gehen. Als Yu ihn fragte, was ihm passierte, sagte er, dass er sich in einem Autounfall verwickelte. Seitdem sah Yu ihn nicht mehr. Viel später erfuhr er, dass er zu einer religiösen Gruppe gehörte und nicht mehr nach Hause zurückkehren wollte. Yu dachte, dass Xianguo gerade die Person, die wirklich etwas aus seinem Schicksal machte.