Jugendzeit 2
Neben dem Hauptwohngebäude stand ein weiß verputztes zweistöckiges Lagerhaus. Der Großmutter zufolge war es das Überbleibsel aus der Zeit der Schiffsagentur, die die Vorfahren betrieben. Vor mehreren Generationen war das Geschäft in Konkurs gegangen und vier der fünf Lagerhäusern wurden von Gläubigern einbehalten. Im ersten Stück des Lagers gab es noch einige Spuren aus vergangener Zeit wie zum Beispiel alte chinesische Münzen und Postkarten von der letzten Kriegszeit, ein großes Schrein-ähnliches Puppenhaus mit detailgetreu gemachten Puppen fürs Puppenfest, ein Kräutermörser, eine Hellebarde, eine Lanze mit krummem Griff, und sogar eine Geige. In nebeneinander standen Kleiderschränken stapelten sich Kleider, die jemand dort hineingestopft hat. Später erfuhr der Junge von seinem Vater, dass die Geige ihm gehörte, weil er sie darauf eine Zeitlang Lieder spielte, die damals in Mode waren.
Ein neues Haus wurde in dem Ort, wo das alte Haus gestanden hatte, gebaut. Dann kehrten sein Vater und die Stiefmutter zurück in das Haus. Der Junge schlief noch immer beim Großvater, an dem er sich festhielt. Das allerdings nicht mehr lange, denn der Junge bezog sein eigenes Zimmer, das im ersten Stück des Lagers eingerichtet wurde. Es wurde sein Schloss, wo er, mit einem Gefühl der Selbständigkeit, malte, Plastikmodell baute und kletterte sogar auf das Dach, um die Übersicht über den Garten unter ihm genießen zu können. Da gab es allerlei Pflanzen und Bäume wie Pfirsichbaum, Pflaumen-, Birnbaum, dann Persimonen, Kaisereiche oder Granatapfelbaum. Unter den Schatten der Bäume schlief friedlich seine Katze und Hühner liefen gackernd herum. Hin und wieder pflügte ein Pferdehändler aus der Nachbarschaft ein Stück des Gartens mit seinem Pferd um, das die Erde schweigend bestellte, als sei es sein guter alter Freund, der genau der Fall war.
An dem Wochenende pflegte der Junge mit seinen Nachbarskindern Pappkarten oder Kreisel zu spielen. Eines Morgens an einem kalten Wintertag war niemand seiner Spielkameraden auf der Straße, wo sie sich immer trafen. So entschloss er sich zu einem Freund zu gehen und fand ihn mit seiner älteren Schwester unter der Decke, aus der ein Duft menschlicher Wärme entstieg, was eine Art Eifersucht nach Intimität in ihm erweckte.
Eines Sonntags, als der Junge noch schlief, wehte Rauch von verbrannten Stroh durchs Fenster zu ihm ins Zimmer hinein. Er strampelte die Decke von sich, stand auf und sah einen orangeroten Feuerball durchs Fenster. Die Hände in der Jacke, eilte er in den Garten und starrte von der Sitzbank aus das Feuer, das der Großvater gelegt hatte. Die Flammen flackerten zu ihm heran als wollten sie sein Gesicht fressen, um sogleich mit dem Gegenwind in die andere Richtung zu züngeln. Jäh wuchsen die Flammen bis zur menschlichen Feuersäule an. Die frischen, noch feuchten Zweige zerplatzten in der Hitze und feine Funken stoben in hohen Bogen umher. Zahllose rot glühende Flöckchen schwebten hoch in der Luft, die verglüht langsam herab sanken.
Das Feuer veränderte die vom Frost weiß bedeckte Erde, die jetzt wie strahlenförmig nass und dunkel wurde. Über die Hecke hinweg erblickte der Junge hinter dem Garten die weiß eingefrorenen Reisfelder, als wäre das der Hintergrund für ein mittelalterliches Gemälde. Der Großvater steckte für den Jungen Süßkartoffeln in die Glut. Einige Hühner liefen neben den beiden her und in der Ecke des Gartens blühten schon kleine weiße Pfirsichblüten still vor sich hin.